Wort zum Sonntag – 28.06.2020
Liebe Leserinnen und Leser,
stellen Sie sich vor: Der Teufel sitzt in sommerlicher Hitze bei seiner Großmutter hinter dem glühenden Kachelofen und lacht sich ins Fäustchen, denn er weiß, dass auch in Friesenheim Menschen aus der Kirche austreten.
Er lacht sich ins Fäustchen, weil die Menschen mit der eingesparten Kirchensteuer ihre Handyverträge finanzieren. Und er freut sich diebisch, weil sie über den Fragen der Gegenwart ihre Zukunft aus dem Blick verlieren.
Aber ganz so ruhig kann der Teufel nicht am Kachelofen sitzen und sich entspannt zurücklehnen, denn draußen in der Welt wächst der Glaube weiter. Es ist eine übersättigte Wohlstandsgesellschaft in den zivilisierten Industrieländern, die Kirche und Religion wie einen Ballast abwirft.
Beunruhigend ist diese Entwicklung auch deshalb, weil sie mit einer Entwicklung hin zu einem verstärkten Desinteresse für Bildung einhergeht. Ausgerechnet im Land der Reformation, im Land der Dichter und Denker, hinkt man beim internationalen Vergleich in Sachen Bildung gewaltig hinterher. Glaube und Bildung aber sind zwei Eigenschaften des Menschen, die notwendig zusammengehören.
Beunruhigend ist auch die beispiellose Verrohung in der Gesellschaft. Wenn Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten bei ihren Hilfseinsätzen bedroht und angegriffen werden, dann lässt das auf einen unglaublichen Verlust an ethischer Wertorientierung rückschließen. Bilder und Vorkommnisse wie die aus Stuttgart, darf es nicht geben. Im Gegenteil: Sie hätten unseren Applaus und unsere Bewunderung verdient, die Retter in Uniform, die Freunde und Helfer.
Aber schon Jesus erzählt von Menschen, die ihre ganz eigenen Vorstellungen vom Leben hatten und ihre Pläne auch ins Werk gesetzt haben. Einer lebt vom Erbe seines Vaters und verprasst das Geld im Unverstand. Erst als er merkt, dass man Geld nicht essen kann, erst als er im Schweinestall sitzt und das Schweinefutter stehlen muss, um seinen Hunger zu stillen, wird ihm klar, dass er den falschen Weg für sein Leben eingeschlagen hat.
Bei Jesus hat der Teufel keine Chance. Denn Jesus sagt: Gott hat offene Arme. Wer sich von Gottes Liebe entfernt hat, wer ohne ihn gelebt hat, der hat die Chance, einen neuen Anfang zu machen. Er kann und darf zu Gott zurückkehren. Und: Er wird mit offenen Armen empfangen.
Im Bibelwort zur Predigt für diesen Sonntag fragt der Prophet Micha, der das Gericht Gottes über die Gottlosigkeit der Menschen angekündigt hat, voll Verwunderung: Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade! Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen. Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast.
Man könnte sagen: Gott sei Dank hat der Teufel seine Rechnung ohne die Barmherzigkeit Gottes gemacht. Gott ärgert sich nicht, sondern hält den Weg der Umkehr und der Rückkehr zum Glauben für alle offen, insbesondere auch für die, die ihm den Rücken gekehrt haben.
Aber vielleicht ist es auch so, dass Umwege zu unserem menschlichen Leben einfach dazugehören. Vielleicht ist es so, dass wir unsere Fehler machen dürfen und müssen, um aus ihnen zu lernen. Und es ist gut, dass wir das tun können in dem festen Vertrauen, dass uns nichts, aber auch gar nichts, von Gottes barmherziger Liebe trennen kann.
Pfarrer Rainer Janus
Als PDF-Datei herunterladen: Wort zum Sonntag 3 Sonntag nach Trinitatis