Wort zum Sonntag – 18. Juli 2021
Das erste Buch der Könige berichtet vom Propheten Elia:
Und es sprach Elia, der Tischbiter, aus Tischbe in Gilead zu Ahab: So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn.
Da kam das Wort des HERRN zu ihm: Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krit, der zum Jordan fließt. Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben geboten, dass sie dich dort versorgen sollen.
Er aber ging hin und tat nach dem Wort des HERRN und setzte sich nieder am Bach Krit, der zum Jordan fließt. Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach. Und es geschah nach einiger Zeit, dass der Bach vertrocknete; denn es war kein Regen im Lande.
Da kam das Wort des HERRN zu ihm: Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dass sie dich versorge.
Und er machte sich auf und ging nach Sarepta. Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu und sprach: Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke! Und als sie hinging zu holen, rief er ihr nach und sprach: Bringe mir auch einen Bissen Brot mit! Sie sprach: So wahr der HERR, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will's mir und meinem Sohn zubereiten, dass wir essen – und sterben. Elia sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Geh hin und mach's, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir's heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen.
Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der HERR regnen lassen wird auf Erden. Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag. Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des HERRN, das er geredet hatte durch Elia. (1. Könige 17, 1-16)
Raben retten Flüchtling vor dem Verhungern. Mehltopf und Ölkrug einer armen Witwe versiegen nicht. Manche Geschichten der Bibel klingen wie Märchen aus uralten Zeiten. Aber im Unterschied zu den Märchen aus uralten Zeiten, werden in der biblischen Geschichte Namen, Orte und Zeiten genau benannt.
König Ahab herrschte von 871-852 im Nordreich Israel. Durch seine Frau Isebel, Tochter des phönizischen Königs Etbaal von Sidon, wurde der Baalskult im Lande hoffähig gemacht.
Elia, der Mann aus Tischbe in Gilead, war Prophet jenes Gottes, den das Volk Israel als Befreier aus der Knechtschaft in Ägypten kennengelernt hatte, als Begleiter auf dem Weg durch die Wüste. Der Name Elia bedeutet „mein Gott ist Jahwe“. Und Elia verkündet, was im ersten Gebot ausgesagt ist: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Baal ist attraktiv. Er wird verehrt als Gott der Fruchtbarkeit, als Lebensspender, als Regengott. Der Gott des Elia trägt nicht nur einen anderen Namen, er ist auch anders. Im Verhältnis zum Schöpfer des Himmels und der Erde sind Regengott, Fußballgott, Geld- und Machtgott nichts anderes als Götzen und Hirngespinste der menschlichen Unvernunft.
Elia trifft den Fruchtbarkeitskult mitten ins Mark, wenn er im Namen Gottes eine gewaltige Dürre ankündigt. So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn. Sollen die Baalsanhänger ekstatisch wild um ihre Altäre tanzen, ihre Ohnmacht wird offenbar. Hunger und Not werden erst ein Ende finden, wenn die Menschen sich an ihren Befreier erinnern und nach seinen Geboten leben.
Das Tiefdruckgebiet mit dem schönen Namen „Bernd“ hat sintflutartigen Regen über uns gebracht mit zerstörerischer Kraft und Gefährdung für Leib und Leben. Derweil wüten an der Westküste Amerikas Waldbrände und Buschfeuer verursacht durch Hitze und Dürre. Und immer noch gibt es Menschen, die den Zusammenhang dieser Extremwetterlagen mit dem globalen Klimawandel nicht sehen wollen. Aber die Wissenschaft bringt es Schritt für Schritt ans Tageslicht: Es ist wohl doch so, dass der Mensch in seiner Unvernunft seine eigene Lebensrundlage zerstört. Und es müsste mehr geschehen, um die Erderwärmung zu begrenzen und den endgültigen Kollaps zu verhindern.
Müssen wir eigentlich erst bis zum Hals im Wasser stehen, oder ganz und gar auf dem Trockenen sitzen, bis wir begreifen, wie fragil und kunstvoll der Kosmos gestalten ist, der Leben erst möglich macht? Wir kennen Gottes Wort und Willen. Oder, wie es an anderer Stelle in der Bibel heißt: Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott (Micha 6,8). Die Ehrfurcht vor dem Schöpfer würde uns auch zu einer Ethik der Ehrfurcht vor seinen Geschöpfen führen und zu einem Leben im Einklang mit der Natur. Urwaldarzt Albert Schweitzer hat von der Ehrfurcht vor dem Leben gesprochen – und er hat uns damit einen Weg in die Zukunft gewiesen.
Die märchenhaften Geschichten um den Propheten Elia erinnern uns daran, dass der wahre Gott Israels nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Bewahrer des Lebens ist. Darum heißt es im Psalm vom guten Hirten: Mir wird nichts mangeln. Und: Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Selbst im finstersten Tal habe ich eine Lebensperspektive und eine Hoffnung, den er ist auch unser Begleiter und Freund, wenn der Weg durch die Wüste führt.
Weil er der Gott der Liebe ist, wird seine Schöpferkraft nicht versiegen. Nicht an die leeren Nudelregale zu Pandemiezeiten sollten wir denken, wenn wir um unser täglich Brot und Leben bitten, sondern an den Überfluss der Natur, der immer noch alles satt machen könnte, was auf dieser Erde lebt und zu Gast ist – bis unsere Lebensreise dereinst zum Heimweg wird. Er wartet darauf, dass wir mit unserem Lebensstil zu lebendigen Zeugen seiner Liebe werden, wie einst der Mann aus Tischbe in Gilead und leben, was wir glauben. Amen.
Ihr Pfarrer Rainer Janus