Wort zum Sonntag – 14. Juni 2020
Liebe Leserinnen und Leser,
beim Geldbeutel hört die Freundschaft auf, sagt das Sprichwort. Aber nicht immer haben Sprichwörter recht.
In unserem Bibelwort zur Predigt erfahren wir, dass der christliche Glaube beim Geldbeutel keineswegs aufhört. Diejenigen jedenfalls, die sich nach Pfingsten in Jerusalem zur ersten christlichen Gemeinde zusammengefunden haben, die ersten Christen haben alles miteinander geteilt, auch ihr Geld und all ihr Gut.
In der Apostelgeschichte des Evangelisten Lukas lesen wir: Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen. Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.
Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig, der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.
Wir versuchen das heutzutage ein klein wenig nachzubilden mit unserer Kirchensteuer. Wer ein Einkommen hat und Steuer bezahlt, der gibt auch prozentual einen kleinen Beitrag an die Gemeinschaft der Kirche. Wer viel verdient und viel Steuern bezahlt, der bezahlt auch viel Kirchensteuer. Wer wenig oder gar keine Steuern bezahlen muss, der braucht auch nur wenig oder gar keine Kirchensteuern bezahlen. Die Kirche nimmt das Geld und bemüht sich, es gerecht an die Gemeinden vor Ort und die kirchlichen Werke zu verteilen, gemäß dem Motto: „und man gab einem jeden, was er nötig hatte.“
Der Geist der christlichen Nächstenliebe und die Habgier sind nicht miteinander vereinbar. Jesus hat gesagt: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Unser irdischer Besitz ist nur eine Leihgabe auf Zeit. Wir alle wissen das, und dennoch fällt es uns oft schwer, mit anderen zu teilen.
Eine alte Indianerweisheit besagt, dass in unseren Herzen ein Kampf tobt zwischen zwei Wölfen. Der eine Wolf ist böse, er steht für die Habgier, die Überheblichkeit, den Egoismus und den Neid. Der andere Wolf ist gut. Er verkörpert die Liebe, die Güte, Mitgefühl und Großzügigkeit, den Frieden. Sie kämpfen miteinander. Welcher von beiden wird die Oberhand gewinnen? Die Antwort ist einfach: Es gewinnt der Wolf, den wir füttern.
Glauben heißt lieben und die Liebe umfasst immer das ganze Denken und Handeln eines Menschen. In einem Lied heißt es: Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe, das sind Worte und Taten.
Merkwürdig: In unserem Bibelwort wird gesagt, als Zeichen der praktischen Nächstenliebe haben alle ihr Hab und geteilt, aber einer wird seltsamerweise noch einmal besonders hervorgehoben: Ein Josef, dem die Apostel den Beinamen Barnabas gegeben haben.
Warum wird dieser Josef extra erwähnt? Wer war dieser Josef Barnabas?
Offenbar war er ein Mensch, der seine Glaubensüberzeugung in Wort und Tat umgesetzt hat. Es war nicht der Verbrecher, der an Jesu Stelle freigelassen wurde, der hieß Barabbas. Und es war auch nicht der Josef, der bei der Nachwahl zu den 12 Aposteln unterlegen war. Der hieß Josef Barsabbas.
Von unserem Josef mit Beinamen Barnabas erfahren wir, dass er aus Zypern stammte und ein Levit war, ein Angehöriger des israelischen Volksstammes, der den Tempeldienst in Jerusalem zu erbringen hatte.
Immer wieder stoßen wir in der Apostelgeschichte auf seinem Namen. Er war ein Mann des Friedens, der Gegensätze zu überwinden half. Als der Apostel Paulus nach seiner Bekehrung aus Damaskus fliehen musste, stieß er bei den Aposteln in Jerusalem auf Ablehnung. Die Apostel kannten ihn als ihren Verfolger, der Stephanus auf dem Gewissen hatte. Josef Barnabas schenkte Paulus Vertrauen und konnte das Misstrauen der anderen Apostel überwinden, so dass Paulus schließlich als gläubiger Christ akzeptiert wurde.
An anderer Stelle erfahren wir, dass die Apostel in Jerusalem einen Abgesandten nach Antiochia schicken. Dorthin waren viele Christen vor der Verfolgung durch die Juden geflohen, aber sie hatten dort niemanden, der sie durch Gottes Wort stärken und ermutigen konnte. Kein anderer als Josef Barnabas wurde für diese Aufgabe auserwählt, denn so heißt es in der Bibel, er war ein bewährter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens.
Von Antiochia reist Josef nach Tarsus, die Heimatstadt des Paulus. Paulus hatte dort Schutz gesucht, denn die Juden hätten den Verräter gerne gesteinigt. Josef holt Paulus nach Antiochia. Die Gemeinde wächst. Es gibt inzwischen 5 Gemeindeleiter. Zwei davon werden auf Missionsreise gesandt: Josef Barnabas und Paulus. Die erste Station ist die Insel Zypern, die Heimat des Josef Barnabas. Später in der Stadt Lystra werden die beiden Missionare mit griechischen Göttern verglichen. Barnabas ist Zeus, der Chef auf dem Olymp, Paulus ist Hermes, der Götterbote, weil er das Wort führte.
Aber vor der zweiten Missionsreise kam es dann zu einem großen Zerwürfnis zwischen den beiden. Paulus will Johannes Markus nicht auf diese Reise mitnehmen, weil er unzuverlässig gewesen war. Paulus scheint vergessen zu haben, dass auch er eine zweite Chance bekommen hatte. Er wird sein hartes Urteil über Johannes Markus erst sehr viel später ändern. Aus einer Reise werden zwei. Josef Barnabas hält zu Johannes Markus und reist mit ihm nach Zypern. Paulus nimmt Silas mit und fährt nach Kleinasien. Der Legende nach soll Josef Barnabas, der so viele Menschen durch Wort und Tat vom Glauben überzeugt hat, auf Zypern gestorben und dort begraben sein.
Der Evangelist Lukas übersetzt den Beinamen Barnabas mit „Sohn des Trostes“. Wahrscheinlich ist diese Übersetzung nicht haltbar. Aber es geht um die Botschaft, die damit verbunden ist. Dieser Josef war ein unaufgeregter, ein solider, ein glaubwürdiger Zeuge der Botschaft von der Liebe Gottes in Jesus Christus, weil er das, was er geglaubt hat, auch selbst gelebt hat. Er hat den richtigen Wolf gefüttert. Solche Zeugen braucht Gott, damit seine Liebe die Herzen der Menschen erreicht und das Gesicht dieser Welt zum Guten wendet.
Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Amen
Pfarrer Rainer Janus
PDF-Datei zum Herunterladen: Wort zum Sonntag 1 Sonntag nach Trinitatis