Wort zum Sonntag – 26. Juli 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

Engel, nicht nur an Weihnachten haben sie Konjunktur, nein, sie begegnen uns auch mitten im Sommer in dem Bibelwort, das uns für die Predigt an diesem Sonntag empfohlen wird.

Im letzten Kapitel des Hebräerbrief heißt es: Bleibt fest in der brüderlichen Liebe. Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt. Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt. (Hebräer 13, 1-3)

Wer den Hebräerbrief kennt, der weiß auch, dass immer wieder auch zwischen den Zeilen die Bilderwelt des Alten Testament durchscheint. Ganz spontan werden wir an die Geschichte von Abraham erinnert, der in seinem Nomadenzelt drei fremde Männer beherbergt.

In der Wüste ist die Gastfreundschaft heilig. Wer in einem Nomadenzelt Aufnahme gefunden hat, wer Brot und Salz geteilt hat, darf sich seines Lebens und Wohlbefindens sicher sein.

Aber in diesem Fall ist der Gastgeber der Beschenkte, denn die drei Männer sind gekommen, um Abraham eine frohe Botschaft zu bringen: Er soll jetzt im hohen Alter den Sohn bekommen, der ihn zum Stammvater von Gottes auserwähltem Volk macht. Gott hatte Abraham also doch nicht vergessen. Gott erfüllt seine Verheißungen: Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. (1. Mose 12, 2)

Ohne es zu wissen hatte Abraham Boten Gottes, Engel, beherbergt. Manche glauben sogar in der Dreizahl der Boten einen Hinweis auf die Dreifaltigkeit Gottes zu erblicken und deuten die Gastfreundschaft im Nomadenzelt als einen Hinweis auf die Gemeinschaft mit Gott im Heiligen Abendmahl.

Das Bibelwort aus dem Hebräerbrief ist jedoch sehr viel irdischer und bodenständiger. Es stellt die Engelsboten in den Zusammenhang der Liebe Gottes, die in den Herzen der Menschen lebendig ist.

Wenn wir uns einen Schutzengel für unsere Kinder wünschen, dann wollen wir, dass sie in der Geborgenheit von Geduld und Liebe aufwachsen und vor allem Bösen bewahrt bleiben.

Der Glaube an Gott gibt uns die Kraft, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Kinder eine Zukunft haben, in der Menschen Mitgefühl zeigen, in der die Liebe zum Mitmenschen nicht vergessen und verdrängt wird. Geborgen in Gottes Liebe, werden wir selbst zu Menschen, von denen andere sagen: Dich schickt der Himmel.

Im Engelsgedicht des Schriftstellers Rudolf Otto Wiemer heißt es:

Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.

Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.

Dem Hungernden hat er das Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
und er hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht,
der Engel.

Er steht im Weg und er sagt: Nein,
der Engel.
Groß wie ein Pfahl und hart wie ein Stein
es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.

Sie haben Konjunktur – auch mitten im Sommer – und sie werden dringend gebraucht in dieser Welt, die Engel. Amen.

Pfarrer Rainer Janus

 

PDF-Datei zum Herunterladen: Wort zum Sonntag 7 Sonntag nach Trinitatis