Geschichte

der Ev. Kirchengemeinde Friesenheim

Die Gemeinde Friesenheim erstreckt sich nördlich von Lahr von den Abhängen des Schwarzwaldes über die Lößvorberge bis hinein in die Rheinebene. Archäologische Funde belegen eine Besiedelung des Gebietes bereits in der Jungsteinzeit (ca. 1800 v. Chr.). Ein Grabfund auf dem Schlößleberg (ca. 400 v. Chr.) kann als Hinweis gewertet werden, dass die Lößvorberge der Gemarkung Friesenheim bereits in vorchristlicher Zeit gerodet und besiedelt waren.

Mit dem Sieg Caesars über Ariovist im Jahr 58 v. Chr. beginnt der römische Einfluss auf die rechtsrheinischen Gebiete. Grabungen in der Nähe der Bahnlinie haben eine Straßenstation, sowie ein Stück der Heerstraße, die von Kaiseraugst nach Mainz führte, ans Tageslicht gebracht. Weitere Funde aus den ersten drei Jahrhunderten belegen die Ausbreitung der römischen Kultur in diesem Raum. So weist ein kleiner Tempel auf die Verehrung der Jagdgöttin Diana in dieser Zeit hin.

Nachdem 233 n. Chr. der Limes überrannt wurde, ziehen sich die Römer wieder auf linksrheinische Gebiete zurück. In der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts wird das Land von Alemannen besiedelt.

Die Geschichte des christlichen Glaubens beginnt nachweislich im frühen 7. Jahrhundert mit der Gründung des Klosters Schuttern. Das Kloster, das in der „Notitia de servitio monasteriorum“ Ludwigs des Frommen im Jahr 817 in der ersten Klasse der Reichsklöster an zweiter Stelle genannt wird, hat die Kultur der Region über tausend Jahre lang geprägt. In diesem Zusammenhang steht die erste urkundliche Erwähnung von Friesenheim: Es handelt sich um eine Schenkung des Kaisers Heinrich II im Jahr 1016, in der Güter in Friesenheim, Heiligenzell und Oberschopfheim erwähnt werden.

Das Verhältnis zum Kloster war keineswegs spannungsfrei: Am 19. April 1525 stürmten unter anderem auch Friesenheimer Bauern das Kloster, um sich gegen die drückende Zehntherrschaft zu wehren. 1530 mussten sie dafür eine Entschädigung bezahlen und das gestohlene Gut zurückgeben. Das Verhältnis der Friesenheimer zum Kloster und seinen Äbten blieb über Jahrhunderte gespannt.

Die Umwandlung der konfessionellen Verhältnisse erfolgte vermutlich erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter dem Einfluss von Nikolaus Wagentrutz, einem lutherischen Diakon, der gegen den Willen von Bischof und Abt durch Lahrer Amtleute als Prädikant in Friesenheim eingesetzt worden war. Anfang des 17. Jahrhunderts muss Friesenheim wie das übrige Gebiet der Herrschaft Lahr-Mahlberg nahezu ganz evangelisch gewesen sein. In der Folgezeit machen die Bemühungen um eine Gegenreformation den „Lutherischen“ das Leben schwer.

Der 30-jährige Krieg bringt 1638 durch die Folgen der Schlacht bei Wittenweier eine Zerstörung des Dorfes Friesenheim, mit Ausnahme des Kirchturms und des Kautz'schen Anwesens neben der Kirche.

Im Jahr 1680 verzeichnet das Kirchenbuch nur noch drei evangelische Familien in Friesenheim. Erst nach der Wiedervereinigung der geteilten badischen Herrschaften erhielt Friesenheim im Jahre 1772 wieder eine evangelische Pfarrei und das Mitbenutzungsrecht an der Kirche.

Die Spannungen zum Kloster konnten durch Neuordnung der Weiderechte abgebaut werden. Aber erst als in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses das Kloster 1806 an den badischen Staat fällt, werden die Friesenheimer Bauern von ihren Lehensabgaben befreit. Anbau und Verarbeitung von Tabak prägen die wirtschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert.

In beiden Konfessionen entstand der Wunsch, die simultane Nutzung der Kirche zu beenden. Im Jahr 1909 konnte schließlich eine Einigung erzielt und das Simultaneum aufgelöst werden. Die Katholische Gemeinde erbaute 1910 - 1913 eine neue Kirche im Barockstil. Die Ev. Gemeinde erweiterte das 1768 errichtete Langhaus der alten Kirche durch einen Anbau.

Die beiden Weltkriege gehen an Friesenheim keineswegs spurlos, aber ohne größeren Gebäudeschaden, vorüber. Im Zuge der Gemeindereform werden 1972 Heiligenzell, Oberweier und Oberschopfheim in die Gemeinde eingegliedert. Schuttern als kleinster Partner folgte im Jahr 1975. Die Ev. Kirchengemeinde Friesenheim umfasst die Ortsteile Friesenheim, Heiligenzell und Oberweier. Seit 2014 gehört auch der Ortsteil Schuttern dazu. Oberschopfheim wird von der Ev. Kirchengemeinde Diersburg betreut. Mit Diersburg, sowie mit der Ev. Kirchengemeinde Seelbach besteht eine gute Zusammenarbeit.

Die Ev. Kirchengemeinde Friesenheim verfügt heutzutage über ein breites Angebot von Gottesdiensten in Friesenheim und Heiligenzell, sie hat einen kirchenmusikalischen Schwerpunkt mit Kirchen-, Gospel- und Posaunenchor, ein breit gefächertes Angebot von Gruppen und Kreisen. Sie engagiert sich sozial in der Nachbarschaftshilfe Friesenheim e. V., in der Diakoniestation Lahr und in der Dorfhelferinnenstation Friesenheim und sie ist seit mehr als 150 Jahren Trägerin des Ev. Kindergartens.

Mit den katholischen Schwestergemeinden am Ort gibt es seit vielen Jahren eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Nach einer Phase der konfessionellen Distanz in der Zeit nach dem Krieg, setzte der katholische Pfarrer Georg Schreiber wesentliche Impulse zur ökumenischen Zusammenarbeit. Diese Impulse wurden von evangelischen Seite gerne aufgenommen und haben gute Früchte getragen. Die Nachbarschaftshilfe und die Dorfhelferinnenstationen befinden sich in gemeinsamer Trägerschaft beider Kirchengemeinden zusammen mit der politischen Gemeinde. In der Regel werden fünf ökumenische Gottesdienste im Jahreslauf miteinander gefeiert. Die ökumenische Bibelwoche, die in der Regel im Frühjahr durchgeführt wird, gehört wie der Weltgebetstag zu den guten ökumenischen Traditionen in Friesenheim. Alle Schulgottesdienste, die in Friesenheim, Heiligenzell und Oberweier angeboten werden, sind selbstverständlich ökumenisch vorbereitet und gestaltet. Für Trauungen ist das Formular C eine Selbstverständlichkeit.

Seit 2003 gibt es darüber hinaus eine Zusammenarbeit aller christlichen Gemeinden im Christlichen Forum Friesenheim (CFF).

Als Besonderheit existiert in Friesenheim eine ökumenische Trauerbegleitungsgruppe, die jährlich einen Gottesdienst gestaltet, monatlich das Lebenscafé ausrichtet und seelsorgerliche Lebensbegleitung für Menschen in Trauersituationen anbietet.

Die kirchliche Arbeit in Friesenheim war seit etwa 1990 mit geprägt von der Integrationsarbeit für Aussiedler. Schließlich standen die vier Aussiedler-Wohnheime für den Bezirk Lahr auf dem Gemeindegebiet der Kirchengemeinde Friesenheim. Während die Aussiedlerprojekte des Kirchenbezirks auf die Stadt Lahr und Kippenheimweiler konzentriert waren, wurde hier in Friesenheim durch die Kirchengemeinde im Zusammenwirken mit der politischen Gemeinde und der katholischen Gemeinde, sowie mit der Diakonie und der Caritas Integrationsarbeit geleistet. Das geschah vor allem durch den Kindergarten, die Konfirmandenarbeit, durch einen Bibelkreis in den Wohnheimen, durch Informationsnachmittage, durch die Kasualarbeit des Pfarrers sowie durch Integration von Aussiedlern in bestehende Gemeindegruppen.

Zu den prägenden, historisch gewachsenen Schwerpunkten der Friesenheimer Gemeinde gehören seit über 100 Jahren der Kirchenchor und seit über 60 Jahren der Posaunenchor.

Im Jahr 1999 hatte die Kirchengemeinde Gelegenheit, sich um die Stelle eines Gemeindediakons zu bewerben und entwarf im Zusammenwirken mit der Nachbargemeinde Diersburg eine Konzeption für den Aufbau von Jugendarbeit in beiden Gemeinden. Diese Konzeption hat sich im Kirchenbezirk Lahr als sinnvoll durchgesetzt und im Jahr 2003 konnte die Stelle mit Gemeindediakon Joost Wejwer besetzt werden. Seine Nachfolgerinnen sind Heike Harmsen-Winterhalter und seit 2013 Tabea Mattern, die inzwischen Tabea Kern heißt.

Mit dem Bau eines Gemeindehauses im Jahr 2005 konnte der langgehegte Wunsch nach geeigneten Räumen für die Gruppen und Kreise der Gemeinde erfüllt werden.

Als ev. Pfarrer wirkten in Friesenheim in den letzten hundert Jahren:

Wilhelm August Ernst (1905 – 1920), Paul Fr. Rud. Kalchschmidt (1920 – 1921), Herbert Link (1921 – 1926), Otto Hagmaier (1926 – 1932), Hermann Leser (1933 – 1938), Waldemar Müller (1939 – 1946)*, Gerhard Myschliwczyk (1947 – 1949), Wilhelm Wachter (1950 – 1969), Ernst Fäßler (1969 – 1974), Heinrich Wittstock (1974 – 1990), Rainer Janus (seit 1990).

*Pfarrer Waldemar Müller verstarb im September 1946 in russischer Kriegsgefangenschaft. In Kriegszeiten wurde er vertreten durch Vikar Ludwig Schmidt, Vikar Herbert Wäldin und Pfarrer Ludwig Kammerer aus Freiburg.

Zusammengestellt von Rainer Janus, Pfarrer

Quellen:
Bauer, Friedrich: Reformation und Gegenreformation in der früheren nassau-badischen Herrschaft Lahr-Mahlberg. Lahr ohne Jahresangabe.
Krauß, Reinhard: Chronik des Evanglischen Kindergartens Friesenheim. In: ev. Kirchengemeinde Friesenheim, Hrsg.: 150 Jahre 1848-1998 Evangelischer Kindergarten Friesenheim, Friesenheim 1998
List, Karl: Offonis Cella. Die Reichsabtei Schuttern 603 – 1806. Lahr 1988
Wachter, Wilhelm Hrsg.: 50-Jahrfeier der ehemaligen Simultankirche und jetzigen ev. Kirche zu Friesenheim. Broschüre ohne Ortsangabe ca. 1963.