12. Dezember 2020

Der Teufel und der Stress

Es gibt ein altes Märlein, wonach der Teufel den Brandwein erfand.
Wussten Sie, dass er auch den Stress erfunden hat?

Es war an einem kalten Dezembertag, des Großmutter hatte gut eingeheizt,
was dem Bub gefallen würde, wie sie wusste.
Sie nannte ihn Bub, ihren berüchtigten Enkel.
Und schon fuhr er mit Getöse durchs Kamin.
Das ist eine scheußliche Zeit, hub er an zu fluchen:
„Da friert man sich die Hufe ab, in dieser Eiseskälte.
Aber was das Schlimmste ist, du wirst es nicht glauben,
die Menschenkinder sind eitel fromm in dieser Adventszeit.
Sie denken nicht daran, der Sünde zu frönen und Böses zu tun. Es ist ein Übel.“

Des Teufels Großmutter wischte sich den Ruß aus dem Gesicht,
aber sie machte keinerlei Anstalten den Buben zu bedauern.
Mit Wehmut dachte sie an die Zeit zurück, in der der Teufel
noch die Arglist besaß, die Menschen zur Sünde zu verführen.

Und wie, wenn der Bub Gedanken lesen könnte, rief er: „Potzblitz ich hab’s!“
Mit ebendemselben Getöse entfleuchte er durch ebendasselbe Kamin.
Den Menschen auf Erden erklärte er, dass die Zeit bis Weihnachten kurz sei,
viel zu kurz, um noch alles bitter Notwendige zu erledigen.
Es reiche nicht aus, zwei Dinge auf einmal zu tun,
wenn man doch drei oder vier gleichzeitig auf den Weg bringen könnte.
Und wer mit der Arbeit fertig wäre,
der könnte doch gleich nahtlos zum Freizeitstress übergehen:
Wozu sonst gibt es ein paar hundert Fernsehprogramme und das Internet?

Noch einmal gab es ein Getöse im Kamin.
Aber jetzt setzte der Bub sich sehr zufrieden in seinen Schaukelstuhl und grinste breit.
„Weißt du, liebstes Großmütterchen von allen, ich habe den Stress erfunden.
Jetzt haben die Menschen keine Zeit mehr für die Besinnung.
Sie werden Gott vergessen und tun was mir gefällt.“
Und seit der Stress in der Welt ist, da kann man erst recht eigentlich sagen:
„Der Teufel ist los!“